Kolumne - Der eigene Beitrag
Bitterlich beklagte sie sich über das Verhalten ihres erwachsenen Sohnes. Sie verstand die Welt nicht mehr. Wie konnte er nur solche Sachen zu ihr sagen und so ruppig sein? Denn trotz ihres Alters war sie noch fleißig am Hof tätig, sie wollte ja nur das Beste. Ein anderer Klient beklagte die Probleme mit seiner Frau. Ständig nörgelte sie herum, andauernde Vorwürfe vergifteten das Leben am Hof. Wie konnte sie nur so zu ihm sein, wo er doch vor lauter Arbeit selbst kaum Zeit zum Durchschnaufen fand? In einer anderen Geschichte beklagte die Schwiegertochter, von der Schwiegermutter keine Wertschätzung zu bekommen, konnte aber selbst an der Schwiegermutter auch nichts Gutes sehen.
Von Opfer(lämmern), Sündenböcken und dem eigenen Anteil
Gar nicht so selten macht man es sich in solchen Situationen erst mal in der Opferrolle bequem und sucht die alleinige Schuld beim Anderen. Im Alltag schaukeln sich Aktion und Reaktion wechselseitig auf, Eines führt zum Anderen und das Gegenüber wird rasch zum Sündenbock. Ist man aber ehrlich an der Lösung des Problems interessiert, kommt man nicht umher, auf den eigenen Anteil an der Entstehung der leidvollen Situation zu schauen.
Ein möglicher Schlüssel zur Lösung
In allen drei Fällen liegt einer der Schlüssel zur Lösung darin, zu hinterfragen: womit habe ich selbst den Anderen verletzt oder nicht wertschätzend behandelt? Und wie würde es mir an seiner/ihrer Stelle gehen? Sich in die Situation des Anderen zu versetzen, kann hilfreiche Erkenntnisse bringen. Nicht umsonst sagt ein indianisches Sprichwort „Urteile über keinen Menschen, wenn du nicht mindestens einen Monat in seinen Mokassins gegangen bist.“
So wie jeder der Beteiligten sein Scherflein zur Entstehung des Problems beigetragen hat, so kann auch jeder zur Problemlösung und Entwicklung einer guten Zukunft beitragen. Voraussetzung ist, dass man die Opferrolle verlässt und die Verantwortung für sein Handeln übernimmt.
Diplomlebensberaterin und Supervisorin, Krisenpräventions- und -beratungsteam
LK Niederösterreich
Referat 6.2 Konsumenteninformation, Lebensqualität Bauernhof
Tel. 0664/60 259 25801