Kolumne - Alles für den Betrieb

Immer wieder erlebe ich Paare, die etwa in der Mitte ihres Lebens stehen und  miteinander viel erreicht haben. Ihr Betrieb läuft erfolgreich, Haus und Hof strahlen einen gewissen Wohlstand aus, in Freundeskreis und Gemeinde sind sie gern gesehen und auch die Kinder entwickeln sich zur Zufriedenheit. Und trotzdem suchen sie den Weg in die Beratung, weil sie sich als Paar voneinander entfernt haben und nicht mehr wissen, wie es mit ihnen weiter gehen soll. Unlängst sagte ein Klient, dass all der Erfolg sein Herz nicht mehr berührt, ihn nicht mehr erfüllt. Das, wonach er sich am meisten sehnte, Liebe zu spüren und Liebe zu geben, sich in seiner Partnerschaft daheim zu fühlen, war ins Abseits geraten. Der betriebliche Erfolg, für den beide über Jahre ihre ganze Energie investiert hatten, hatte seinen Glanz verloren.
In solchen Gesprächen frage ich manchmal danach, was meine Klienten alles getan haben, um betrieblich erfolgreich zu sein. Dann erzählen sie mir von Engagement und Interesse, von getätigten Investitionen, absolvierten Weiterbildungen und so mancher Mühe, die sie auf sich genommen haben, um ihr Projekt gelingen zu lassen. Und tatsächlich, der Erfolg kann sich sehen lassen. Frage ich weiter, was sie in den letzten Jahren für die Pflege ihrer Partnerschaft getan haben, so ist die Antwort oft die gleiche: traurige Gesichter und „dafür hatten wir keine Zeit“.
„Die Liebe erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem Stand“, heißt es bei Hochzeiten häufig im Lesungstext. Die Liebe möchte aber auch gepflegt werden. Und sie möchte immer wieder Aufmerksamkeit, Achtsamkeit und gegenseitiges Engagement, um gedeihen zu können. Irgendwann einmal Ja zueinander gesagt zu haben, reicht nicht, um über Jahre eine erfüllende Partnerschaft zu leben. Im Prinzip ist’s in der Partnerschaft ähnlich wie im Betrieb: nur dann, wenn wir immer wieder was dafür tun, kann‘s gelingen.