Lebensfrage: "Anspruch auf Rundum-Versorgung?"
Bäuerin, 57 Jahre:
Ich habe drei Töchter – sie sind 22, 25 und 29 Jahre alt. Die älteste
wird demnächst zu ihrem Freund ziehen. Die beiden jüngeren
wohnen zu Hause und sind beide berufstätig. Ob der Hof einmal
von einer Tochter übernommen wird, das steht noch in den
Sternen. Aber es geht mir um ganz was anderes: Ich wasche,
koche und putze für alle im Haus. Auch Vereinbarungen wie
Arzttermine oder Sonstiges bleiben an mir hängen. Irgendwie
habe ich das Gefühl, das passt nicht mehr – die Töchter sind ja
schon erwachsen. Und trotzdem fühle ich mich verpflichtet, denn
ich bin ja zu Hause und in ihren Augen habe ich Zeit, das alles zu
tun – sie sind ja berufstätig. Aber ob ich das so richtig sehe, weiß
ich nicht. Ja, es stimmt, ich bin zu Hause, aber da gibt es jede
Menge andere Arbeit außerhalb vom Haus. Haben die Kinder
wirklich den Anspruch auf „Rundum-Versorgung“, solange sie zu
Hause leben, oder sollte ich sie doch mehr einbinden?
Beraterin Erika Trampitsch:
Ich finde, Sie sollten Ihr Gefühl
„… das passt nicht mehr
…“ ernst nehmen. Junge Menschen
in diesem Alter sind
durchaus in der Lage, mehr
Eigenverantwortung zu übernehmen.
Diese dürfen/sollten
Sie als Mutter Ihren Töchtern
zugestehen und auch übertragen.
Es kann schon sein,
dass die Töchter durch Ihre
Fürsorge sehr verwöhnt sind
und sie vielleicht erstaunt sein
werden, wenn nun plötzlich
alles anders werden soll. Nur
eines sollte klar sein: Ein Einbeziehen
der Töchter in deren
Alltagsversorgung wird im
Hinblick auf die Zukunft und
die dann notwendige eigene
existenzielle Absicherung nur
positive Früchte tragen.
Auch das ist Elternverantwortung
im guten Sinne! Deshalb
möchte ich Sie ermutigen, mit
Ihrem Mann gemeinsam mit
den Töchtern zu sprechen und
Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten
neu zu definieren.
Anfangs mag das vielleicht
auf Unmut bei den jungen
Frauen stoßen und braucht
etwas Geduld und Wertschätzung.
Sie könnten sodann
mehr Zeit für sich selbst genießen
– und das ohne schlechtes
Gewissen!