Lebensfrage: "Mithilfe nach der Hofübergabe?"
Meine Tochter sagt, dass ich eh nicht mehr mithelfen brauche, was mir weh tut.
Wir haben zwei Kinder, unser
Sohn ist vor Jahren ins Ausland
gegangen – von mir aus wäre er
als Hofübernehmer vorgesehen
gewesen. Aber es ist halt anders
gekommen und so wird nächstes
Jahr meine Tochter den Hof
übernehmen. Sie ist verheiratet
und das erste Enkelkind ist unterwegs
– darauf freuen wir uns
schon sehr. Ihr Mann stammt
nicht von einem Bauernhof ab
und irgendwie besorgt mich
das. Er ist zwar dabei, landwirtschaftliche
Kurse zu besuchen,
trotzdem bin ich mir nicht sicher,
ob er ein richtiger Bauer
werden wird und in meine Fußstapfen
steigen kann. Wenn ich
meine Tochter darauf anrede,
dann meint sie: „Wir werden
das schon schaffen Papa – den
Betrieb richten wir so her, dass
er für uns passt.“ Und sie sagt
auch, dass ich eh nicht mehr
mithelfen brauche, was mir weh
tut. Ich bin halt mit Leib und
Seele Bauer und wenn ich darüber
nachdenke, dass ich in einem
Jahr nichts mehr zu sagen
habe – das kann ich mir nicht
vorstellen.
Erika Trampitsch, Akademische Supervisorin:
Erst einmal: Schön, dass Ihre
Tochter einen Partner hat, mit
dem sie gemeinsam den Hof
weiterführen wird. Ich gehe
davon aus, dass das auch für
Sie und Ihre Frau erfreulich
ist, denn Ihr Lebenswerk findet
einen Fortbestand. Dass
Ihr Schwiegersohn nicht bäuerlicher
Herkunft ist, würde
ich vorerst einmal nicht so kritisch
sehen, denn in der Praxis
zeigen sich hier immer wieder
sehr positive Beispiele – versuchen
Sie, ihm eine Chance
zu geben! Eine Chance geben
Sie ihm eher, wenn Sie nicht
von ihm verlangen, dass er in
Ihre „Fußstapfen steigen“ soll.
Wenn Ihre Tochter zu Ihnen
sagt, dass Sie nicht mehr „mithelfen
brauchen“, so verstehe
ich, dass Ihnen das nicht gut
tut. Sie schreiben jedoch, dass
Sie es sich nicht vorstellen können,
wenn Sie in einem Jahr
„nichts mehr zu sagen haben“.
Ein kleiner Hinweis: Es ist ein
Unterschied, ob Sie nach der
Hofübergabe Ihre Mithilfe anbieten
oder ob Sie weiterhin
das „Sagen“ behalten möchten.
Wenn Sie den Anspruch
haben, weiterhin mitzureden/
mitzuentscheiden, dann ist
eine Distanzierung der Jungen
nachvollziehbar und Sie werden
unter Umständen in Ihrer
Mitarbeit blockiert. Denn
die Übernehmergeneration
möchte eigene Ideen umsetzen
und eigene Entscheidungen
treffen können. Es sollte
für alle Beteiligten klar sein,
dass sich die Verantwortlichkeiten
nach einer Hofübergabe
neu definieren. Das ist ein
Prozess, der gegenseitige Wertschätzung,
Respekt und vor
allem das gemeinsame Reden
voraussetzt. Wenn Sie möchten,
stehe ich Ihnen gerne für
ein Beratungsgespräch zur Verfügung.